Die Frage nach der Henne oder dem Ei und das Lerntagebuch als
Vorschlag zum Ausweg
Dann kommen wir Schulpsychologen bei Kontaktaufnahme durch
die Eltern ins Spiel, versuchen die Über- oder Unterforderung konkreter zu
fassen und Vorschläge für inner- oder außerschulische Differenzierung zu geben.
Förderunterricht, Nachteilsausgleich, Lerntherapie, Nachhilfe, … und dann wird
alles gut …! Oder?
Manchmal komme ich ins Grübeln: Was, wenn zumindest die
Überforderung im Lernstoff nicht Ursache, sondern Folge der mangelnden
Lernfreude und Anstrengungsbereitschaft ist? Die Überforderung durch den Stoff
die Motivationslage allenfalls noch verschärft? Woher kommt so etwas denn dann,
dass Kinder einfach keinen Spaß am Lernen finden und sich nicht mit dem Stoff
auseinander setzen wollen?
Die Ursachen können vielfacher Art sein, haben aber auch oft
damit zu tun, dass nicht/zu wenig bislang erfahren wurde, wie sich Anstrengung
lohnen kann, sei es am eigenen Tun, indem die Anerkennung und Würdigung von
Arbeitsergebnissen durch Erwachsene ausbleibt, oder durch Beobachtung am
Vorbild, also vor allem Eltern, die sich anstrengen, um beispielsweise das Haus
abzubezahlen, das Auto kaufen zu können oder die Wohnung selber renoviert zu
bekommen. Und die glücklich sind, etwas sich Vorgenommenes erreicht zu
haben. Dazu gehört auch die kindliche Fähigkeit
zum Bedürfnisaufschub, also in Kindertagen zu lernen, dass manche Bedürfnisse
nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit oder eben nach mehrfachen
Bemühen befriedigt werden. Abwarten und Erarbeiten also. Das müssen die
Erwachsenen Kindern vermitteln und dabei auch konsequent bleiben.
Und manchmal fehlt auch der Überblick, was eigentlich erwartet
wird in der Klasse, beim Lernen. Dann wird gelernt, weil der Lehrer eine Idee
hat, der man jetzt einfach als Schüler einmal so folgen soll. Aber was ist mit
eigenen Vorstellungen der Kinder? „Ich will lesen/schreiben/rechnen lernen.“
Kaum ein Grundschüler, der hier nicht zustimmen würde. Lohnt es sich da nicht
mal zu vertiefen und nachzufragen, was man denn dafür Können und Tun muss?
Kinder einbinden ist für die Motivation so wichtig. Auch wenn als erste Antwort
vielleicht ein „Ich will lieber spielen.“ kommt. Denn es ist ebenso wichtig,
klarzustellen, dass Schule auch und besonders ein Ort des Lernens ist. Also
nicht: Spielen oder lernen? Sondern: Lernen! Und über welche Inhalte, darüber
will ich mich mit Dir einigen, das ist mir wichtig, dass wir hier „am gleichen
Strang ziehen“.
Das Führen eines Lerntagebuchs kann dabei sehr hilfreich
sein: Zu Wochenbeginn geben Sie einen Überblick, was in dieser Woche Thema ist,
also, was sie als Lehrerin bewirken wollen, aber auch der Schüler reflektiert
seinen Lernstand und soll sich äußern, was er jetzt lernen kann. Diese gilt es
schriftlich zu fixieren.um am Ende der Woche zu kontrollieren, was erreicht
wurde, was nicht und was nun zu tun ist, um das Ziel doch noch zu erreichen.
Auch: Was hat das Lernen vielleicht behindert, was hat mir geholfen?
Während die Zielfestlegung zu Beginn der Woche den
Lernwillen unterstützen kann, ist das Reflektieren am Ende bedeutsam für das
Verankern des neuen Stoffs. Man behält halt etwas länger und kann es später
leichter abrufen, wenn man darüber redet und es so dem „passiven Konsum“ etwas
entzieht.
Folgenden Link mit praktischen Vorlagen finde ich hierbei
ganz hilfreich:
Anstrengungsbereitschaft soll also ein bisschen aus dem
Reflektieren über die Anstrengung erwachsen. Klappt nicht immer, ist aber einen
Versuch wert, finde ich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.